Wenn man von einer geschätzten Bekannten gesagt bekommt, Männer wie ich hätten unter Umständen vergessen, wie man offen auf Menschen jeglichen Geschlechts oder Alters zugeht, reagieren Männer wie ich üblicherweise, indem sie eine Woche darüber grübeln. Es könnte ja etwas Wahres dran sein. Nicht unbedingt entsteht daraus gleich ein Text, schon gar nicht zwangsläufig ein guter. Aber man kann erwarten, dass ein Ergebnis dabei herauskommt, wenn man sich eine Woche lang damit beschäftigt. Ein Fazit, das in diesem Fall etwa wie folgt lautet: Das ist nicht ganz richtig. Ich bin gar nicht so geworden.
Ich war schon immer so.

Selbstredend kommt dazu, dass ich im Laufe der Jahre einer Reihe von Menschen jeglichen Alters und Geschlechts begegnet bin, bei denen ich in der Tat in keinster Weise das Bedürfnis hatte, offen auf sie zuzugehen. Und dass sich, weil solche Menschen die beeindruckende Mehrheit stellen, das auf meine diesbezüglichen skills mutmaßlich nicht gerade fördernd ausgewirkt hat. So weit, so wenig diskussionswürdig.

Auf Menschen eines bestimmten Geschlechts bezogen kommt mir dabei auch nicht direkt entgegen, dass Männer wie ich, also optisch eher durchschnittlich oder knapp darunter ausgestattet, mit jedwedem Gesprächsangebot eher abwehrende Reaktionen bei eben jenem Geschlecht hervorrufen. Es gibt aber Männer, die sind nicht wie ich. Die modellieren keine Luftballons, sondern schrauben an ihren Motorrädern und ihren Helicoptern. Und nach dem Schrauben fahren und fliegen sie damit herum, um allen zu zeigen, woran sie gebastelt haben. Oder sie machen sie einen möglichst trendigen Sport, derweil ich während Spaziergängen und Hunderunden gedanklich an meinen Texten arbeite. Und obwohl oder weil die anderen Männer so cool sind, sehen sie auf Fotos stets aus, als hätte man sie gegen ihren Willen fotografiert. Und das fehlende Lächeln auf den Fotos oder von Angesicht zu Angesicht oder die Motorräder oder die Schrauberei daran oder irgendwas sonst scheint unwahrscheinlich männlich anziehend zu sein. Denn jedenfalls bricht bei denen ein „Na“ oder „Hi“ durchaus das Eis selbst bei Frauen, die gern für sich reklamieren, doch bitte auf keinen Fall auf irgendwie plumpe Art und Weise kontaktiert zu werden. Wer also will es mir verdenken, wenn ich nicht offen auf Menschen zugehe? Mit Logik jedenfalls ist dieser Problematik nicht beizukommen; wie in vielen anderen Bereichen gesellschaftlichen Zusammenlebens geht es eher um Emotionen denn um Stringenz. Auch wenn – natürlich – nicht alle so sind, sondern nur eine überwältigende Mehrheit, schränkt das die Auswahl dummerweise stark ein.

Dabei schneidet das Single-Dasein im direkten Vergleich mit einer Zweierbeziehung gar nicht ´mal so schlecht ab. Wäre da nicht diese eine Sache, die zu zweit definitiv mehr Spaß macht, eigentlich auch nur zu zweit wirklich Sinn macht – man müsste sich wirklich gut überlegen, ob man überhaupt wieder eine Partnerschaft eingeht. Aber zum Heiraten gehören schon zwei, finde nicht nur ich. Und genau das habe ich vor.
Weil nämlich nur wenig andere Anlässe so viele Freunde zusammenbringen. Und sei es nur, weil sie sehen wollen, ob man es wirklich macht. Bei einer Beerdigung kommen auch viele Freunde zusammen, höre ich da einige einwenden, und da geht es eher weniger darum, zu sehen, ob man es wirklich tut. Aber a) hat man selbst meistens nicht mehr so viel von dieser netten Zusammenkunft und b) hat sich, wenn man das Ereignis zu lange hinauszögert, der Freundeskreis bis dahin schon arg dezimiert, weil andere einem schlicht zuvorgekommen sind.
Jetzt ist eine ausartende Party natürlich kein Motiv, das in der Liste der möglichen Beweggründe, sich das Ja-Wort zu geben, besonders weit oben steht. Um wie viel romantischer ist da natürlich das Bekenntnis jedes sechsten Deutschen zu den steuerlichen Vorteilen als Grund für den Bund fürs Leben? Weswegen ich gern noch einen weiteren Grund nachschiebe:

Sportlicher Ehrgeiz

Wenn man so will, hat meine Exgattin mit ihrer in diesem Jahr stattgefundenen Hochzeit den Spielstand auf 2:1 erhöht. Zwar gelte ich als guter Verlierer, aber damit kann nicht gemeint sein, nicht wenigstens zu versuchen, auf den Ausgleich zu drängen.

Ich kann mir vorstellen, dass nach allem, was hier heute geschrieben steht (und der Text geht ja noch weiter), potentielle Partnerinnen erst recht nicht mehr Schlange stehen, aber um alle Beteiligten zu beruhigen: Dafür ist auch noch etwas Zeit. Da ich im Jahr 2022 meinen 50. Geburtstag feiern werde, sofern das Schicksal keine anderen Pläne mit mir hat, wäre es ein sympathischer Gedanke, im selben Jahr einen weiteren Meilenstein zu setzen.
Jetzt werden sich einige fragen: 2022 ist noch so lange hin, warum sucht der denn jetzt schon? Berechtigte Frage. Ich dachte mir, man könnte die Zeit bis dahin eventuell nutzen, um zu sehen, ob man tatsächlich zueinander passt. Gegebenenfalls könnte man noch umschwenken.
Zweiter Grund: Da ich mit den Planungen dafür alsbald beginnen möchte, sollte der zweiten Hauptperson bei diesem Ereignis eine gewisse Chance eingeräumt werden, mitzubestimmen, was an diesem Tag geschehen wird. In jedem Fall aber kann man bei solchen Angelegenheiten gar nicht früh genug mit den Planungen beginnen.

Gut, ich habe vor etwa fünfzehn Jahren auch ´mal vorsorglich angefangen, die Meisterfeier für den Fußballverein meines Herzens im Jahre 2009 zu planen, weil ich der festen Überzeugung gewesen bin, alle 50 Jahre einmal Deutscher Meister zu werden, wäre bestimmt nicht zu viel von ihm verlangt. Also losgelegt. Die Feier wurde standesgemäß als Mischung aus Heiliger Messe und Chaostagen konzipiert. Das kann man wirklich nicht früh genug anfangen zu planen.
Jetzt muss man dazu wissen, dass die Eintracht zu dieser Zeit eher Bestandteil der zweiten Liga gewesen ist als dass sie ernsthaft an einen Meistertitel in der ersten denken konnte. Ferner sollte man wissen, dass das Schicksal bislang noch selten individuelle Wünsche berücksichtigte. Die Eintracht belegte in den vier Spielzeiten bis einschließlich der Fast-Meisterschafts-Saison Plätze zwischen Rang 9 und 14. „Wenn Du es Dir vorstellen kannst, kannst Du es auch machen.“ Nicht alles, was für Walt Disney gilt, kann ´mal eben so auf Frankfurter Verhältnisse übertragen werden. Entsprechend habe ich irgendwann auch nicht weiter planen müssen. Manchmal kann man wohl doch zu früh anfangen zu planen. Aber immerhin weiß ich seitdem: Groß denken kann ich schon manchmal. Dass es hinterher eher wie das Hornberger Schießen ausgeht, ändert daran erst einmal nichts Grundsätzliches. Wenn man sich allerdings vergegenwärtigt, dass ich nur mit einem verschwindend geringen Teil meiner großartigen Ideen überhaupt an die Öffentlichkeit gehe, möchte man sich als Außenstehender manchmal besser nicht vorstellen, welche Ideen in diesem Kopf sonst noch herumschwirren.

Nichtsdestotrotz möchte ich an meinem Ziel für 2022 vorläufig noch festhalten. Die Braut müsste dann halt neben manchen meiner anderen Macken zusätzlich noch damit klar kommen, dass ich hin und wieder seltsam anmutende Ideen habe und bei den richtig guten unter ihnen auch nicht lange zögere, sie in die Tat umzusetzen.

Männer wie ich sind nun ´mal so.