Aufzeichnungen aus der Wirrnis des Alltags

Monat: Januar 2018

Tanz und gar nicht

Wenn eine tendenziell introvertierte Persönlichkeit Selbstgespräche führt, darf man nicht unbedingt angeregte Unterhaltung erwarten. Echte Schlagabtäusche beobachtet man schon allein deswegen eher selten, weil ich mir nur sehr gelegentlich etwas mitzuteilen habe, das mich wirklich überrascht. Insofern erstaunt es auch nur mäßig, dass die Gegenrede meistens schon geplant werden kann, bevor ich einen Gedankengang bis zu seinem Ende ausgeführt habe. Es wäre vermessen, zu behaupten, dass dabei stets äußerst Gehaltvolles oder Tiefgründiges herauskommt. Empirisch belegen kann ich jedoch durch jahrzehntelange alltägliche Beobachtungen, dass diese Form der Kommunikation allemal fruchtbarer ist als so manche Unterhaltung mit einem anderen Gegenüber.

Ich habe meine Zurückhaltung so lange gepflegt, bis ich tatsächlich so langweilig wurde wie ich von Anderen wahrgenommen wurde. Das scheint erklärungsbedürftig: Früher war ich wie so viele, die sich für introvertiert halten, eigentlich immer ein schüchterner Extrovertierter. Außenstehende konnten mir als dem sich unauffällig zurückhaltend Gerierenden nicht ansehen, dass mich im Innern nur zwei Fragen umtrieben: Wo ist die Party? Wo ist das Bier? An guten Tagen kam es zu einem Aufeinandertreffen der richtigen Situation, der richtigen Leute sowie der genau richtigen Menge Bier. An anderen Tagen war ich im Trinken sehr viel besser und ausdauernder, aber in solchen handverlesenen Momenten habe ich dann auch ´mal einen Tanz hingelegt. Und alle, die es hinterher nur erzählt bekamen, haben sich geärgert, dass sie nicht dabei gewesen waren. Es gab Leute, mit denen ich ständig unterwegs war, die aber gerade in solchen entscheidenden Augenblicken immer gefehlt haben.

Fake it till you make it! So tun als ob, bis der Schein irgendwann von selbst zum Sein wird. Heute hat sich mein Innenleben meiner Außenwirkung angepasst. Andersherum wäre mir lieber gewesen, aber geplant hatte ich weder das eine noch das andere. Wenn ich heute äußerlich den Eindruck hinterlasse, dass meine Geisteshaltung zu einem beliebigen Sujet ungefähr „Na gut, wenn´s sein muss“ bedeutet, kann man sich sicher sein, dass meine innere Einstellung dazu bedeutet: „Na gut, wenn´s sein muss.“ Ich glaube, das bezeichnet man auch als Kongruenz, um ´mal das Positive an der ganzen Geschichte zu sehen. Reframing, Umdeutung, würden diejenigen dazu sagen, die auch gerne von Kongruenz sprechen. Oder die Tipps wie „Fake it till you make it“ geben.

Kongruenz bewirkt Glaubwürdigkeit. Das folgende Geständnis würde mir auch ohne Kongruenz jeder mit Augen im Kopf sofort abkaufen: Ich bin kein guter Tänzer. Eigentlich bin ich gar kein Tänzer. Auch wenn ich als Prä-Pubertierender die damals populären Tanzfilme wie Footloose und Flashdance gesehen habe und gern gesehen habe und gern gewollt hätte, ich könnte mit meinem Körper auch solche Sachen veranstalten. Mit 30 Kilo Übergewicht zu jener Zeit tut man allerdings nicht nur einiges, um mit seinem Körper nicht noch zusätzlich aufzufallen. Man tut alles.

Mein seit jener Zeit gestörtes Verhältnis zu meinem Körper hat den Zug auch für spätere Zeiten abfahren lassen. Es ist natürlich nicht so, dass irgendwo irgendjemand sitzt und Schilder mit Bewertungspunkten hochhält. Es ist aber natürlich so, dass die Leute auch ohne solche Schildchen bewerten, wie jemand tanzt, wenn jemand tanzt. Es ist natürlich nicht so, dass man das Urteil der anderen dann zwangsläufig mitgeteilt bekommt. Es ist aber natürlich so, dass man das Urteil an ihrer Mimik ablesen kann. Und dann ist es doch ganz natürlich so, dass man leicht bis mittelmäßig gehemmt ist, sich so zu verhalten wie man vielleicht gern möchte.

Das mag man in manchen Momenten als ungerecht empfinden. Doch sobald beziehungsweise solange man etwas einigermaßen gut kann, wird überraschenderweise auch nicht mehr als ungerecht empfunden, dass man bewertet wird.

Nichttänzerin gesucht

Angesichts der Freaks, die wild durch die Gegend springen, mit ihren Armen uninspiriert in der Luft herumwedeln und dabei hauptsächlich fast so peinlich aussehen wie ich, wäre vor allem eines völlig unangebracht: Die Wendung „ich ertappe mich selbst dabei…“ Weil ich mich nämlich nicht ertappen brauche, sondern genau weiß, dass ich mir ein vernichtendes Urteil bilde über solche Typen. Und genau genommen habe ich gerade hier im Blog manche Leute für weitaus harmlosere Vergehen wie beispielsweise das Tragen eines Bartes mit Spott überzogen. Bei Leuten, die an der Theke in der Tat eine bessere Figur abgeben würden als auf dem Parkett, die jedoch von gutmeinenden besten oder festen Freundinnen den Tipp bekommen haben, dass scheiße zu tanzen immer noch besser wäre als dumm herumzustehen, höre ich mich den Spruch zitieren, wonach Motivation ohne Kompetenz gefährlich ist. Einige Fernsehsender leben allein davon, solche sich selbst überschätzenden Menschen aufzuspüren, um sie dann den ungeduldig vor ihren viel zu großen Bildschirmen Wartenden der Lächerlichkeit preiszugeben. Auf unser Thema bezogen: Nur weil jemand gern tanzt, tanzt er nicht automatisch gut. Ich dagegen: Wenn ich etwas nicht kann, übe ich im Verborgenen, bis ich es kann, oder ich lasse ich es einfach. Warum soll fürs Tanzen nicht gelten, was für Elektroinstallationen, Skifliegen oder Hochseilartistik als selbstverständlich hingenommen wird?

Darum – und weil man sich Tanztalent leider nicht anlesen kann – ist es nie zu einer Tänzer-Karriere meinerseits gekommen. Abgesehen von der kurzen durch die erwähnten Filme hervorgerufene Phase 1983/84 stand ich dem Thema Tanzen zu keinem Zeitpunkt meines Lebens mit ausgeprägtem Enthusiasmus gegenüber.

Tanzschule habe ich nie mitgemacht. Als sich alle anderen aus dem Schuljahrgang anmeldeten, dachte ich nur: Wie bitte? Einen Scheiß werde ich tun! Die meisten von uns hörten Metal oder Punk. Für Pogo und Luftgitarre hatte es bis dahin auch noch ohne Kurs gereicht. Man merkt: ein bisschen naiv war ich schon. Auch wenn ich das damals nicht naiv nannte, sondern prinzipientreu. Ich konnte mir nicht vorstellen, weitere Tänze jemals im Leben gebrauchen zu können. Die anderen konnten das offensichtlich sehr wohl, wussten also oder ahnten es zumindest, dass sie sich allmählich auf ihre Leben nach dem Abitur vorbereiten müssen, in denen Pogo und Luftgitarren keine große Rolle mehr spielen würden. Darüber hinaus war mir nicht klar, dass es bei diesen Kursen darum geht, eine Beziehung zu finden. Wie gesagt: naiv. Dass man dort nebenbei das Tanzen lernen muss, hat man auf der Suche nach einer Partnerin dann eben in Kauf genommen.

Ich kann allerdings auch nicht behaupten: Hätte ich das gewusst, hätte ich einen gemacht. Wahrscheinlicher ist: Hätte ich das gewusst, hätte ich trotzdem keinen gemacht, um mir die Frustration zu ersparen, wenn alle jemand kennenlernen, nur ich wieder ´mal nicht.

Weil Tanzen aber außer zum Kennenlernen von Frauen auch gut für die Gesundheit des Gehirns sein soll, was ja dann wirklich ´mal ein echtes Argument ist, habe ich mir meine Tanzspiele für die Konsole jetzt trotzdem wenigstens schon ´mal aus der Schublade geholt. Auf dass ich abends die Rolläden herunterlasse und mich so wenigstens nur vor mir selbst blamiere. So bin ich im nächsten Zwei-Augen-Gespräch mit mir mein eigenes Lästerobjekt.

Für den ersten Abend ist mir aber glücklicherweise gerade bevor ich eine davon einlegen wollte eingefallen, dass ich mit einer Handvoll Nüsse einen ganz ähnlichen Effekt erzielen kann. Was einem allerdings genausowenig gesagt wird wie das mit dem eigentlichen Zweck der Tanzschulbesuchs.

Ich muss im Leben echt noch viel lernen.

Bärte kommen, Bärte gehen

Die Zeiten ändern sich. Wäre ich früher so wie diese Woche geschehen in einen Veranstaltungssaal wie die Batschkapp gelangt, ohne mich von oben bis unten abtasten lassen zu müssen, wäre ich ein klein wenig stolz gewesen. Einfach so durchgewunken werden nur die, die dazugehören. Die immer da sind. Die bekannt sind. Ist man allerdings erst ´mal Mitte 40 und sieht Etablissements dieser Art nur noch ab und zu von innen, rutscht man schnell noch ein weiteres Stück tiefer in die Midlife-crisis, wenn man an der Pforte nicht angerührt wird. Auch wenn theoretisch heute wie damals die Interpretation: dieser Mann braucht keine Waffen, durchaus noch diesseits der Vorstellungskraft ist, bedeutet es realistisch betrachtet unterm Strich: Dass mir jemand mit überdurchschnittlicher Menschenkenntnis durch In-Augenscheinnahme nicht einmal mehr zutraut, verbotene Gegenstände mit mir zu führen. Da hätte ich auch zu Hause bleiben können.

Da man in dieser Situation ja auch nicht unbedingt auffallen möchte, indem man den Verantwortlichen einfach fragt, weshalb man nicht in den Genuss einer Leibesvisitation kam, bleibt alles weitere Spekulation. Ist es mein Gesicht? Mein Outfit? Oder doch meine Erscheinung als Ganzes? Wie immer die Antwort ausfallen wird, sicher ist: Die Zeiten ändern mich.

Glücklicherweise ändern die Zeiten nicht nur mich, sondern auch sich selbst und alle anderen. So war ich drinnen angenehm überrascht, weniger Vollbärte anzutreffen als vorher befürchtet.

Genau genommen wurde der Trend zur Fell-Optik wahrscheinlich vor mindestens fünf Jahren bereits das erste Mal als beendet identifiziert. Zu einer Zeit also, als Witze über dieses Phänomen noch keinen elend langen Bart hatten. Die anhaltende Popularität, die der Wildwuchs aber bis heute genießt, beweist, dass man das Ende eines Trends nur schwierig herbei schreiben kann.

Parallelen drängen sich auf. Ähnlich dachte man irgendwann über Tattoos, aber die haben sich als ebenso überdauernd erwiesen wie Hornbrillen. Der Vollbart ist dabei, diesen beiden zu folgen. Niemals geht man so ganz. Im Falle der Gesichtsbehaarung können diesen Satz sogar diejenigen unterschreiben, die eigentlich glatt bevorzugen.

In meiner Kindheit waren Vollbärte eine Angelegenheit von Piratenkapitänen, Königen und Wikingern. Später gesellten sich Weihnachtsmann und Yeti zum Personenkreis, der einen tragen durfte. Die seinerzeit allgegenwärtigen Fahndungsplakate zeigten dann, dass Verbrecher und Terroristen alle Bartträger sind und suggerierten, dass die Gleichung auch umgekehrt aufgeht. In der beginnenden Jugend verstärkte Klaus Lage meine negativen Assoziationen zu Vollbärten abermals. Vielleicht wurde hierdurch der Grundstein gelegt, dass mir Rauschebärte bis heute irgendwie suspekt sind – trotz meiner späteren Hochschätzung von Bakunin, Kropotkin oder auch Erich Mühsam, die allesamt ordentliche Hecken in ihren Gesichtern wuchern ließen.

Noch einmal sehr viel später zeigte Saddam Hussein auf, dass es auch gute Gründe geben kann, einen Vollbart zu tragen. Da zählte ich aber schon nicht mehr zur Jugend. In Läden wie die Batschkapp ging ich jedenfalls zu jener Zeit schon lange nicht mehr.

Der Bart jedoch scherte sich einen Dreck um meine Abneigung ihm gegenüber. Vielleicht schor er sich den Dreck auch, so genau weiß das sowieso niemand, aber dessen ungeachtet begann er irgendwann seinen Siegeszug. Es gab Zeiten, da hatte plötzlich jeder einen. Vor allen anderen natürlich die Kreativmenschen. Nichts liegt mir ferner, als alle über einen Kamm scheren zu wollen, aber gerade von denen hätte ich erwartet, dass sie irgendwann merken, wie uniform ihre Bärte und ihre dickrahmigen Brillen und ihre Tattoos sind, wenn sie in lauen Sommernächten die Außengastronomie der gentrifizierten Städte bevölkern. Das Arschgeweih hat es schließlich vor noch nicht allzu ferner Zeit vorgemacht, wie das Vorhaben, sich als individuell inszenieren zu wollen, eher suboptimal umgesetzt wurde. Da jetzt auch langsam aber sicher die Tennissocken die Füße zurückerobern, will man lieber gar nicht wissen, was als nächstes alles noch kommt. Doch genug gelästert. Zeit für

etwas Theorie

Mutmaßungen, warum das Gestrüpp im Gesicht überhaupt eine derartige Renaissance erfahren hat, gibt es einige. Neben dem beschriebenen nur mehr als misslungen zu bezeichnenden Bemühen, eine Art Alleinstellungsmerkmal zu generieren, hat die Nichtrasur natürlich etwas mit der Darstellung von Männlichkeit zu tun, wo sonst nicht mehr viel von dieser Männlichkeit abzubilden ist. Diese Theorie gewinnt an Kontur, wenn man sich daran erinnert, dass noch kurz bevor die Bärte massenhaft zu sprießen begannen, Metrosexualität als erstrebenswertes Ideal für den Mann von Welt galt. Da für die Pflege eines Bartes auch ein gutes Stück Zeit und Material aufgebracht werden muss, wenn sich keine Insekten oder Vögel darin einnisten sollen, wird sich die Kosmetikindustrie als solche nicht wirklich an dieser Gegenbewegung gestört haben. Einzig die Hersteller von Rasierklingen schauten etwas belämmert aus der Wäsche und bliesen zur nächsten Attacke: Wenn schon der Zugriff auf die Gesichter der Kundschaft schwieriger wurde, sollte wenigstens der Rest des männlichen Körpers so glatt wie der eines Schwimmsportlers sein.

Es sollte klar geworden sein, dass es in dieser Gemengelage um weit mehr als die bloße Frage geht, ob ein Vollbart jemandem steht oder nicht. Das nämlich tut er nur einem überschaubaren Kreis an Männern. Was wiederum die mit dieser Eigenschaft nicht gesegneten Männer bis jetzt genausowenig davon abgehalten hat, sich einen stehen zu lassen wie die Überlegung, dass so ein Bart beim Raufen, was ja ebenfalls eine Darstellung von Männlichkeit ist, gar zu viel Angriffsfläche bietet.

Bei der Frage, wie anziehend ein Vollbart auf die Frauenwelt wirkt, wird es leider auch nicht übersichtlicher. Frage zwei Frauen und bekomme drei verschiedene Antworten. Googele Dich schlau und bleibe beim Versuch. Der Überblick geht schnell verloren, und die nächste Frage, die sich stellt, lautet: Wie ernstzunehmen sind eigentlich Seiten, die empfehlen, gleich im Anschluss noch Beiträge über „Studie: Männer müssen sich zweimal die Woche mit Freunden betrinken, um gesund zu bleiben“ zu lesen? Oder „Studie: Männer mit Glatze wirken erfolgreicher, intelligenter und männlicher“? Ich habe in meinem Leben schon einige Menschen mit wenig Haupthaar gesehen und benötige für folgendes Urteil ausnahmsweise keine Studie: Zustimmung, wenn es heißt männlicher. Aber erfolgreich und Intelligent? Klar gibt es auch solche Ausnahmen, aber um mit dieser Aussage noch konform zu gehen, ist es zu spät; dafür habe ich bereits zu viele Glatzen gesehen, denen die Intelligenz buchstäblich ins Gesicht geschrieben stand. Mein Tipp für alle diesbezüglich weniger Begünstigten: Kombination Glatze und Gesichtsbehaarung. Denn bekanntlich nimmt der Bart dem Gesicht das Dumme.

So gesehen möchte ich einige Zeitgenossen lieber doch nicht oben ohne sehen.

Nadeln im Heuhaufen

Was nicht ist, kann zwar noch werden, aber bis jetzt war dieser Winter beileibe kein ausgesprochen strenger. Klar, wer im Norden Amerikas lebt, wird dazu unter Umständen eine andere Meinung haben, aber in der dortigen Gegend dürfte die Anzahl meiner Leser überschaubar sein. Und im Grunde soll es auch weder ums Wetter noch um Geographie gehen, sondern um Eichhörnchen.

Bevor der Winter Einzug hält, verbuddeln diese nämlich gewöhnlich irgendwo ihre Nahrungsvorräte. Das Irgendwo kann dabei durchaus wörtlich genommen werden, denn das Eichhörnchen merkt sich viele, aber nicht alle seiner Vorratskammern. Einige der vergessenen Nüsse und Eicheln keimen im nächsten Jahr und verjüngen als Nebeneffekt der Vergesslichkeit den Wald.

Dass nicht alles nachahmenswert ist, wofür die Natur erfolgreich Modell steht, möchte ich an einem Beispiel verdeutlichen:

Ich bin ja im Lager eines Onlinehändlers neben anderem hauptsächlich dafür verantwortlich, dass wir ein bestimmtes Teil idealtypisch dort auffinden, wo wir es erwarten können, weil wir sie ja zu exakt dem Zweck des besseren Wiederfindens an exakt einer bestimmten Stelle deponiert hatten. Die Ware dorthin zu räumen, wo sie auch hingehört, ist demnach immer noch das bestgeeignete Mittel, sie wiederzufinden, wenn sie benötigt wird. Die mit einigem Abstand zu diesem Optimum nur zweitbeste Möglichkeit: Man räumt es falsch weg, kann sich aber immerhin noch daran erinnern, wo genau oder wenigstens wo ungefähr das gewesen sein könnte. Gar keine Option ist jedoch die Eichhörnchen-Praxis: Erstmal irgendwohin mit dem Zeugs, zu etwa 85 Prozent finden wir es schon wieder.

Ein Elefant hingegen kann selbst auf 50 Kilometer Entfernung noch zielsicher ein bestimmtes Wasserloch ansteuern. Heißt deshalb von Elefanten lernen auch siegen lernen? Eher nein: Leider ist die Haltung von Elefanten mit größeren Kosten verbunden als die einer Schar Eichhörnchen. Das Geld ist aber nicht der einzige Einwand gegen eine Herde Elefanten: Die Breite der Regalgassen müsste gegenüber dem jetzigen Zustand massiv erhöht werden. Ohne Umzug wäre das gar nicht zu bewältigen. Und wenn man schon die einzigartige Gelegenheit hat, in Dietzenbach arbeiten zu dürfen, gibt man die ja nicht so ohne weiteres auf.

Man ahnt vielleicht schon, dass sich derzeit einige Eichhörnchen unter meine Kollegen gemischt haben. (Die für Eichhörnchen typische Geschwindigkeit muss man sich dabei freilich wegdenken.) Und mittendrin statt nur dabei: Ich, der Betriebs-Panda.

Der Panda ist ja eher so ein „Ach Gott, wie süüüß“-Wesen. Seine Zugehörigkeit zur Familie der Bären ist ihm allerdings eher weniger anzumerken, sondern er lässt sich eher auf die Attribute gemütlich, gefräßig, etwas dabbisch reduzieren. Ein Bär, immerhin, ein Bär, der täglich 10 Stunden und länger mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt ist. Ein Bär, dessen Schilddrüse im Normalmodus so aktiv ist wie die eines Schwarzbären beim Winterschlaf! Den wiederum ein Panda gar nicht benötigt, weil er sich ohnehin permanent im Beinahe-Winterschlaf befindet. Besser geht’s nicht. Als reichte das alles nicht schon aus, bietet der Panda für mich persönlich ein weiteres tolles Identifikationsmerkmal obendrauf, weil: Einzelgänger. Das Beste kommt aber erst noch: Ein Bär. Also Fleischfresser. Der zum Veganer mutiert ist. Würde die Story jemand erfinden, alle fänden es unglaubwürdig. Die Realität aber macht aus dem Panda eine Comic-Figur erster Güte. Genauso wenig ernstzunehmen wie Delfine, deren Ruf, letzten Endes nichts anderes als schwule Haie zu sein, sie sich ja ebenfalls hart erarbeitet haben.

Ein bisschen hinkt der Vergleich natürlich noch. Es gibt Situationen, da ähnele ich eher dem Stier in der Arena, aber man weiß ja:

Was nicht ist, kann noch werden

Ich war auch nicht in jeder Phase meines Lebens auf den Panda festgelegt. Streng genommen habe ich lange Zeit gar keinen Gedanken daran verschwendet, welches Tier ich wäre oder welches ich gern wäre. Im Kontext mit meiner Alkoholentgiftung saß ich vor etlichen Jahren in einer Gruppe mit einigen anderen Psychos, als mir diese Frage das erste Mal seit meinen Kindheitstagen wieder begegnete. Meine Antwort seinerzeit: Adler. Die Leiterin der Gruppe hatte in dieses Bild einiges hineininterpretiert: Sich die Welt gleitend von oben ansehen, über den Dingen schweben, eine andere Perspektive einnehmen und all solches Zeugs. Die hatte sich da so ´reingesteigert, dass ich anschließend selbst nicht mehr wusste, ob ich das Tier aus den von ihr vorgetragenen Gründen genannt hatte oder doch einfach nur, weil ich von der Frage überrumpelt wurde und in dem Moment wie sonst auch so häufig einfach nur an den Fußballverein meines Herzens gedacht hatte, dessen Wappentier nun ´mal der Adler ist.

Viele Jahre später, wieder war es mehr Zufall als dass ich mir die Frage ernsthaft gestellt hätte, habe ich dann die Hummel extrem gefeiert. Das hat sicher auch mit einer schwer zu leugnenden figürlichen Ähnlichkeit zu tun. Hauptsächlich aber bin ich der teils bis heute überlieferten Legende auf den Leim gegangen, wonach die Hummel fliegt, obwohl sie nach Gesetzen der Aerodynamik eigentlich gar nicht fliegen könne. Gegen alle Gesetze, das war irgendwie Punk, das hatte Identifikationspotenzial! Never mind the eagle, here´s the bumblebee!

Die Begeisterung für die Hummel hielt nicht allzu lange an. Genau genommen war es in dem Moment vorbei, als ich mir die Zeit nahm, das einmal etwas genauer zu recherchieren. Dank des world wide web ja kein großer Auftrag mehr. Ernüchterung. Längst widerlegt. Da ihre Flügel nicht steif sind, sondern durch ihre Bewegung einen Unterdruck erzeugen, geht alles mit rechten Dingen zu. Trotzdem ist die Geschichte bis heute Bestandteil etlicher Motivationsseminare. Ich gönne es ihr. Weil 200 Flügelschläge pro Sekunde auch eine respektable Leistung sind, von der wir alle nur träumen können. Doch wäre es auch nicht redlich, ums frei nach Einstein zu sagen, einen Fisch danach zu beurteilen, wie schnell er auf einen Baum klettern kann. Und beim Thema Baumklettern sind wir wieder bei den Eichhörnchen sind wir wieder auf der Arbeit und der Frage, welches Tier geeignet ist, mich im Lager zu unterstützen.

Die Antwort könnte eine Hunderasse sein, auf die ich vor einiger Zeit in anderem Zusammenhang gestoßen bin: Der Leonberger, über den es heißt, er sei „meist gelassen, lärmunempfindlich und ausgeglichen und lern- und arbeitswillig“. Damit lässt sich doch schon ´mal arbeiten. Lärmunempfindlich wäre nicht ganz unwichtig, weil bei uns ja den ganzen Tag das Radio läuft und ab und zu auch Sender mit eher fragwürdiger Musikauswahl laufen. Bewegungsfreude und starke Nerven sind in keinem Lager der Welt Nachteile, im Gegenteil. Die Bereitschaft, sich unterzuordnen, wird gern noch zu seinen Eigenschaften erwähnt. Auch da hätte er manch menschlichem Kollegen gegenüber die Nase vorn. Die Kosten für so ein Rudel Leonberger – schwer zu sagen, grob geschätzt jedenfalls irgendwo zwischen Eichhörnchen und Elefant. So gesehen ein guter Kompromiss. Die Reaktion der Bosse auf diesen Vorschlag? Ich formuliere es ´mal so: Euphorisch kenne ich anders. Zögernd trifft es vielleicht eher.

Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Baumelnde Seelen

Freie Tage. Die Seele soll baumeln.

Wie sich erst unlängst wieder bestätigte: Zwar ist das als gut gemeinter Rat schnell mit auf den Weg genommen. Klingt ja auch irgendwie attraktiv. (Zumindest solange man es sich nicht bildlich vorstellt.) Doch wenn es an die Umsetzung geht, wundert man sich schon manchmal, wie anstrengend das sein kann. Wie soll die Seele auch baumeln, wenn der Kopf tänzelt wie ein Boxer beim Kampf und Dich auffordert: Was Du jetzt nicht machst, machst Du erst recht nicht, wenn Deine Tage nicht mehr frei sind.

Gedacht, getan: Man kann ja ´mal schauen, was für Pflegefälle in der Online-Singlebörse meines Vertrauens neu in der Verlosung sind. Und schon muss ich höllisch aufpassen, dass die Seele nicht vom Baumeln ins Taumeln gerät. Angesichts ausbleibender Antworten auf ebenso geistreiche wie kreative Nachrichten meinerseits stellt sich einmal mehr die Frage: Was beziehungsweise wen erwarten die denn eigentlich noch alles? Wenn das alles Topmodels wären – vielleicht könnte ich nachvollziehen, dass meine Anschreiben von ihnen als anmaßend empfunden werden. Ich schreibe ja aber auch nicht jede an, sondern denke mir da schon (meistens) etwas dabei; bis ich aktiv werde, müssen also ein paar Dinge mehr passen als „Sieht geil aus..!“ Idealtypisch tut sie das auch, aber wenn ich etwa in einem Profil lese, dass die potentielle Partnerin drei- bis viermal im Jahr in Urlaub verweilen möchte, bin ich auf allen Ebenen ´raus. An Frauen mit Nicknames wie Sporty_Spice_75 braucht ein Bewegungslegastheniker wie ich ebenfalls keine Nachrichten schreiben, weil diese niemals gelten ließen, dass ich auf der Arbeit eigentlich genug Bewegung habe.

Ich betreibe mit meinen Dating-Bemühungen also alles andere als Flächenbombardements, sondern trete gezielt an diejenigen heran, bei denen ich wenigstens annehme, ihnen auf Augenhöhe gegenübertreten zu können. Deswegen muss ich hier ´mal in aller Deutlichkeit loswerden: Wenn man vom Mensch als vernunftbegabtem Wesen spricht, ist damit ja nicht automatisch gemeint, dass diese Begabung auch eingesetzt wird und überall nur noch vernünftiges Handeln herauskommt. Konkret: Ihr seid um die 40 Jahre alt, die Zeit ist auch an Euch nicht völlig spurlos vorübergegangen. Und selbstverständlich tragt Ihr Narben aus vorangegangenen Beziehungen mit Euch herum. Das ist Euer gutes Recht! Aber, und zwar genau deshalb: Wenn es irgendwo einen Prinzen gibt, der auf dem Pferd umherreitet, seine Prinzessin einzusammeln und fortan auf Händen zu tragen und jeden Wunsch von den Lippen abzulesen – wenn es den gibt, dann kommt der wahrscheinlich nicht zu Euch.

Was zu Euch kommt, sind ganz normale Männer, und man sollte zufrieden sein, wenn deren Persönlichkeitsstörungen noch unterhalb der behandlungswürdigen Schwelle liegen. Alternativ kommen Männer, die – vorzeigbar oder nicht ist hierbei unerheblich – kaum bemüht sind, ihre eindeutigen Absichten zu verdecken und das offenbar auch bei der erstbesten Gelegenheit durch Zusenden von Fotos ihrer primären Geschlechtsmerkmale bereitwillig dokumentieren. Nennt mich altmodisch, aber das ist krank. Hochgradig. Auf solche Ideen käme ich überhaupt nicht. Am Ende jedoch geht es aus wie immer: Es wundern sich die braven Männer, warum die Verrückten eine größere Attraktivität auf die Frauenwelt ausstrahlen, während die Frauen sich über Pimmelbilder wundern, die man ihnen zukommen ließ. Normal ist das alles nicht. Und da soll ich mich nicht aufregen?! Ganz ehrlich: Wie soll die Seele baumeln, wenn der Kopf sich den ganzen Tag aufregen muss?! Nicht möchte – muss.

Ich ertappe mich bei dem Gedanken, eigentlich gar nicht mehr so heftig auf solche Unbill reagieren zu wollen. Bringt ja auch eigentlich nichts. Neues Jahr, alte Leier. Ich finde, das geht besser. Eine Überleitung zu einem anderen Thema bekomme ich dummerweise nicht mehr hin, daher einfach nochmal

zurück auf Anfang

Freie Tage. Die Seele soll baumeln.

Wie sich erst unlängst wieder bestätigte: Zwar ist das als gut gemeinter Rat schnell mit auf den Weg genommen. Klingt ja auch irgendwie attraktiv. (Zumindest solange man es sich nicht bildlich vorstellt.) Doch wenn es an die Umsetzung geht, wundert man sich schon manchmal, wie anstrengend das sein kann. Wie soll die Seele auch baumeln, wenn der Kopf tänzelt wie ein Boxer beim Kampf und Dich auffordert: Was Du jetzt nicht machst, machst Du erst recht nicht, wenn Deine Tage nicht mehr frei sind.

Gedacht, getan: Man kann ja ´mal schauen, wie ich diesen Blog hier noch besser machen kann. Besser geht ja bekanntlich immer.

Nicht dass ich das bis heute Erreichte nicht zu schätzen wüsste: Etwa dass einige Freunde keinen Beitrag verpassen und die Lektüre fest in ihre sonntägliche Morgenroutine integriert haben. Oder dass Leute öffentlich oder unter vier Augen regelmäßig teils umfassende Rückmeldung geben. Das ist wichtig. Natürlich könnte ich jetzt behaupten, dass ich in erster Linie für mich schreibe und nicht für andere und generös vom Idealismus berichten, der mich dabei antreibt. Aber natürlich sind wir alle Kind, brauchen Reaktionen auf unser Tun, am liebsten natürlich Bestätigung, Leckerlis, Kekse.

Insofern natürlich erst einmal ein fettes Dankeschön an alle, die bis heute durch ihre Kommentare, ihre unterlassenen Kommentare, ihre Facebook-Likes oder ihr Weitersagen mit dazu beigetragen haben, dass ich das bis heute mit nicht nur gleichbleibender, sondern steigender Motivation regelmäßig betreibe.

Aber natürlich stellen sich auch Fragen. Beispielsweise ob die Entwicklung hier endet oder ob das alles noch ausbaufähig ist. Ganz konkret wohl: Ob das alles ein netter Zeitvertreib für mich, meine Freunde und Bekannten bleibt oder ob meine Texte potentiell auch bei Menschen funktionieren, die mich nicht näher kennen. Von den Antworten hängt halt ab, ob sich überhaupt der Versuch lohnt, das größer machen zu wollen. Die bisherigen Reaktionen decken eben auch die komplette Bandbreite an Meinungen ab, die diese Fragen zulassen.

Immerhin: Selbst die, die das tendenziell verneinen würden, zweifeln ja nicht an einem grundsätzlichen Talent, Gedanken strukturiert, anregend formuliert und ohne allzu grobe Fehler niederzuschreiben. Die größte Würdigung meiner Arbeit am Meilensteinbildhauer war der Rat, dass ich versuchen solle, mit dem Schreiben Geld zu verdienen. Ich täte nichts lieber als das. Leider hatte bisher zuerst das Schicksal andere Pläne mit mir und anschließend ich andere Pläne gehabt. Inzwischen wäre ich wieder bereit.

Nüchtern betrachtet ist das Problem dieses Blogs dabei nicht nur die mangelnde thematische Eingrenzung, sondern dass innerhalb dieser Nicht-Struktur Nonsens-Texte auf einen nachdenklichen folgen und umgekehrt. Das mag, wer genau hierauf steht, als Markenzeichen interpretieren, einen Hinweis darauf, wofür der MSBH steht. Während andere Leser ob dieser Vielfalt noch suchen, ob er eigentlich überhaupt für irgendetwas steht außer Selbstbeweihräucherung.

Unabhängig vom Profil dieses Blogs und der Qualität des Ausstoßes scheint mir aber das größte Problem zu sein, dass mit dem Verfassen von solchen Texten in aller Regel grundsätzlich kein Geld zu verdienen ist. Auch wenn die Vorstellung natürlich eine schöne wäre: Mit einer Tätigkeit Geld zu verdienen, die man erstens mag und zweitens auch noch einigermaßen gut kann.

Wäre aber vielleicht auch etwas zuviel erwartet. Schließlich ahnen wir alle, dass es in der arbeitsweltlichen Realität in aller Regel umgekehrt läuft und es um gutes Geld zu bekommen kein Hindernis ist, wenn jemand keine der beiden Voraussetzungen erfüllt.

Für den Fall allerdings, dass sich das Blatt einmal wendet, habe ich vergangene Woche ein paar prächtige und wie üblich absolut ernstgemeinte Slogans entwickelt. Viel Spaß damit:

  • MSBH. Alles andere ist nur Information
  • Mittelmäßig. Sophisticated. Brillant. Herausragend: MSBH
  • alternativ: Mindfucking. Stabil. Brontal. Hirnverbrannt: MSBH
  • MSBH: Herausragend durch Mittelmaß
  • MSBH: Enterbrainment deluxe

Und zu guter Letzt meine Lieblingsparole:

  • MSBH. Mehr Swag geht nicht!

Wie man sieht, wäre ich also auf den Ernstfall nicht nur vorbereitet, sondern auch allmählich bereit, die Herbeiführung desselben aktiv voranzutreiben. Daher ist dieser Blogeintrag mehr als hier sonst üblich ein Appell an alle, mir einmal grundsätzlich rückzumelden, für wie realistisch Ihr meinen Traum von einem zweiten Standbein neben der Lagerlogistik haltet. Mit Vorschlägen, wie ich ihm im Rahmen des MSBH oder jenseits davon näher komme, setze ich mich auch gern auseinander. Sprecht mich an, schreibt mir Nachrichten oder in die Kommentare – wie Ihr wollt. Ich danke Euch jetzt schon!

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén