Aufzeichnungen aus der Wirrnis des Alltags

Monat: Mai 2021

Unter Druck gesetzt

Plötzlich und unerwartet. Etlichen in meinem Haushalt befindlichen Gegenständen merkt man bereits an, dass sie mittelfristig durch Neuanschaffungen ersetzt werden möchten. Den Drucker hatte ich allerdings diesbezüglich nicht auf dem Zettel. Und was für ein Spektakel! Gewohnt behäbig, letzten Endes aber zuverlässig gerade noch eine Seite ausgedruckt. Als dann der nächste Text an der Reihe war: Kein Bild, kein Ton. Zunächst wunderte ich mich nicht über die Technik, sondern über mich: Wieso habe ich das Gerät ausgeschaltet, obwohl ich noch mehr zu drucken hatte? Aber okay – man wird halt auch nicht jünger. Erst als mehrere Versuche, das Teil wieder einzuschalten, gescheitert waren, wurde mir bewusst, dass ich den mutmaßlich nicht ausgeschaltet habe, sondern dass der von sich aus den Dienst für immer quittiert hat.

Ein handelsüblicher Drucker hat mit dem Menschen ja gemein, dass man ihm einen Auftrag gibt, das Ergebnis aber nicht immer das abbildet, was man sich vorgestellt hat. Doch diese Form der Arbeitsverweigerung war eine neue Qualität.

Immerhin kam nach dem ersten Schock Erleichterung wenigstens in einem Punkt: Die vollen Tintenpatronen, die er recht bald benötigt hätte, waren noch nicht bestellt. Bei älteren Menschen überlegt man ja auch zweimal, ob etwas Neues, seien dies nun Schuhe, eine Couchgarnitur oder Hüftgelenke, wirklich noch notwendig sind oder ob man die restlichen paar Wochen vielleicht doch noch mit dem aktuell vorhandenen Inventar weiterarbeiten kann.

Generell erinnert dieses abrupte Ende des Tintenstrahlers an die Fälle menschlicher Tragik, bei denen es heißt: Gestern habe ich noch mit ihm telefoniert, da war alles ganz normal. Und im Grunde wünscht man sich als Mensch für sich ja exakt dieses Szenario, wenn einem der Stecker für immer gezogen wird: Kurz und schmerzlos, ohne Vorankündigung und lange Leidenszeit einfach ´mal offline gehen. Für immer. Kein Resümee, kein Fazit, kein „Ich hatte doch noch so viel vor“ beziehungsweise „ich hatte doch noch einige Dokumente in der Warteschlange“.

Jede Medaille hat ihre zwei Seiten: So schön diese Form des Ablebens für den Betroffenen auch sein mag – für die, die den Rest dann wegkehren müssen, ist die Überraschung nicht so gelungen. Als jemand, der mit dieser neuen Situation anschließend irgendwie umgehen muss, hätte man sich im Gegensatz zu diesem Schock eventuell eine gewisse Vorbereitungszeit gewünscht, während der man sich allmählich an den Gedanken gewöhnen kann, dass das alles nicht ewig so weitergehen wird. Man kann daraus jetzt unterschiedliche Schlüsse ziehen, aber auf diesen Kern heruntergebrochen kann man festhalten: In Bezug auf die Fassungslosigkeit der Zurückgelassenen unterscheidet sich ein Drucker nicht nennenswert von einem Menschen.

Hier wie dort wird es zum Beispiel bald heißen: Mist! Jetzt muss ich mir wieder einen neuen suchen. In Einzelfällen mag es auch heißen: Okay, endlich Ruhe, läuft bei mir! Unterm Strich wird sich aber auch in diesen Fällen zur vorhandenen Gefühlsmelange irgendwann das Zugeständnis gesellen, wonach nicht alles schlecht gewesen sei.

Und so wie vielleicht der ein oder andere hinterbliebene Ehepartner sagt „Nun gut, die letzte Zeit hat das alles vielleicht eh nicht mehr so gepasst“, so bin ich bei meinem Ex-Drucker geneigt, sogar noch ein Stück weiterzugehen und zu sagen, es hat sowieso nie richtig gepasst. Man vergleicht ja seinen aktuellen Drucker fast unweigerlich mit den anderen Druckern, die man vor ihm hatte. Da wird man im Laufe der Zeit etwas milder im Urteil, verzeiht die eine oder andere Macke, die der Drucker hat. Schließlich war man früher noch ganz andere Sachen gewohnt. Bislang stellte sich noch bei jedem Drucker früher oder später heraus, dass die Erwartungen an ihn höher waren als er erfüllen konnte. Aber er war dann halt da, man lernte nach und nach, irgendwie damit umzugehen, und je öfter man darüber nachdachte, umso deutlicher bildete sich das Urteil heraus: An den ersten Drucker kam sowieso keiner seiner Nachfolger mehr dran.

Die Angst vor weiteren Enttäuschungen führt ja bei vielen Menschen auch dazu, dass fortan komplett auf einen Drucker verzichtet wird. Sollte das Bedürfnis nach ausgedruckten Bewerbungsunterlagen oder einem schönen Foto akut werden, kann das ja oft auch beim Nachbarn, einem Kollegen oder dem besten Freund gestillt werden. Wenn alle Stricke reißen, begibt man sich zu einem Dienstleister, bei dem sich bestimmte Bedürfnisse gegen Bezahlung befriedigen lassen. Alles legitim.

Nachdem spätestens an dieser Stelle des Textes beim geneigten Leser die Frage aufploppt, ob solche verqueren Gedanken etwa damit zusammenhängen könnten, dass der Verfasser im Leben bislang weniger Partnerinnen als Drucker gehabt hätte, gebe ich gern bereitwillig Auskunft: Man wird bei beidem im großen und ganzen auf einen etwa ähnlich niedrigen Wert kommen. Affären nicht mitgezählt.

Denn dass ich zu fast jeder Zeit nebenbei noch andere Drucker hatte, ist ja ein offenes Geheimnis. Zunächst sind es nur gelegentlich zwei bis drei Seiten, die auf dem Gerät in der Firma ausgedruckt werden, und irgendwann öffnet man Abdeckungen vorne und hinten und fummelt innerhalb des Gehäuses irgendwelche gestauten Blätter heraus oder wechselt die Tonerkassette. Und natürlich stellen diese für einen Drucker intimsten Momente den Drucker zuhause in keinster Weise in Frage. Trotzdem ist das Kränkungspotenzial natürlich hoch, wenn die Liaison auffliegt. Plötzlich muss man auf Fragen wie „Was hat der Drucker, was ich nicht habe“ spontan gescheite Antworten geben und kann dabei im Grunde nur verlieren. Man sagt da ja nie die Wahrheit. Etwa: „Der schafft 25 Seiten pro Minute. Da guckt man als Mann natürlich gern hin.“ Eher sagt man: „Das ist so unbedeutend. Ich bekomme doch nirgends sonst Diagramme in so sagenhafter Qualität ausgedruckt wie hier zuhause.“

Ein Drucker hat ja auch Gefühle. Die kann man manchmal gut verstehen, manch anderes Mal nur schwer nachvollziehen.

Aber dass sich einer sozusagen selbst den Stecker zieht, passiert wieder ´mal nur mir.

Wo soll das alles noch hinführen..?

30. 4. Die Entscheidung, den Abend vor einem Feiertag für den Wocheneinkauf auszudeuten, war vielleicht alternativlos. Aber alternativlos bedeutet halt auch immer: nicht geil. Dennoch: Lidl lohnt sich. Zumindest wenn man erfahren möchte, warum sich mancherorts die Pandemie einfach nicht ausbremsen lässt, ob sich wirklich jeder selbst der Nächste ist oder weshalb Offenbach von seinem schlechten Ruf partout nicht wegkommt.

1. 5. Ein Paar kürzlich via ebay-Kleinanzeigen erstandener kaum getragener Schuhe wurde heute eingeweiht. Als meine Freundin mitbekam, wie ich des Abends – wie man das eben so macht – eine ordentliche Nase davon nahm, meinte sie, mich beruhigen zu müssen: „Das ist nicht von Dir.“ Ich klärte sie darüber auf, dass es bei gebrauchten Schuhen fast etwas beunruhigender für mich wäre, wenn der Geruch von jemand anderem käme.

2. 5. Wann genau hat das eigentlich angefangen, dass man sich von dem Diktat befreite, auf emails binnen vier oder fünf Wochen antworten zu müssen, wenn man ernsthaft ein Produkt oder eine Dienstleistung verkaufen möchte? Und warum?

3. 5. In einer gerechten Welt wäre nicht nur mein Lieblingsfußballverein um mindestens einen Meistertitel reicher, sondern auch der Mythos, wonach der erste Eindruck entscheidend ist, längst als Propaganda entlarvt.

4. 5. Bin ich eigentlich der einzige, der sich angesichts der seit Jahren beinahe ungebrochenen Popularität von Kochsendungen im Fernsehen und des anhaltenden Trends zu Fertiggerichten die Frage stellt, wie das eine mit dem anderen zusammenpasst?

5. 5. Das Zeitfenster, innerhalb dessen man mit einer erhaltenen Impfdosis noch ordentlich angeben konnte, ist geschlossen. Exklusiv ist der Kreis, zu dem man nun gehört, irgendwie nicht mehr. Die Reaktionen auf diese Nachricht sind ähnlich leidenschaftslos als wenn man verkündet hätte, dass man jetzt auch endlich bei Instagram ist: Man kommt immer irgendwie zu spät mit allem.

Es ist symptomatisch, dass es bei mir nur für den unbeliebtesten aller hierzulande zugelassenen Impfstoffe gereicht hat. Und auch wenn es mir auf der Zunge lag, wollte ich nicht in letzter Sekunde diese Gelegenheit auch noch versemmeln, indem ich nachfrage, ob es da nicht etwas von ratiopharm gebe.

6. 5. Donnerwetter! Fachleute und Betroffene haben in Bezug auf Impfreaktionen teilweise wirklich nicht zu viel versprochen!

10. 5. Die seit einigen Wochen gehegte Vermutung, eine bestimmte Kombination aus hellem Anorak und Hut würde mich alt wirken lassen, erweist sich als völlig unbegründet. Denn wie ich heute zufällig sehen musste, liegt es nicht an den Klamotten, sondern daran, dass ich inzwischen auch in anderen Outfits alt aussehe.

12. 5. Wenn die Stadt Hanau den Kinzigsteg, den meine Freundin und ich noch vor wenigen Tagen überquert haben, aus Sicherheitsgründen sperrt, gibt das zu denken: Zwar hatte ich schon seit mehreren Monaten angemahnt, dass wir beide zu dick sind. Dass wir zwei Schwergewichte allerdings diesem Holzbauwerk den Rest geben,, hätte selbst ich nicht erwartet.

13. 5. Mein Vermieter und ich sind ja schon von Haus aus nicht die eloquentesten Vertreter unserer Art. Mit dem Wortgefecht, das wir uns heute früh geliefert haben, setzten wir diesbezügliche Maßstäbe jedoch noch einmal komplett neu:

Vermieter (nickt mir zu)

Ich: „Und – Vatertagsausflug?“

Vermieter: „Ja, scheinbar.“

Ich: „Super!

Vermieter: „Ebenso!“

(Fast) ohne Worte! Und trotzdem alles gesagt. So geht Smalltalk heute. Ich gehe immerhin davon aus, dass die zur Feier des Tages üblicherweise gereichten alkoholhaltigen Getränke seine Zunge später etwas gelöst haben.

14. 5. Der Vorteil des Laufens gegenüber einer Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln ist doch dieser: Beim Vorbeilaufen bekommt man von Gesprächen seiner Mitmenschen nur Fragmente mit, während man in Bus oder Bahn dazu verdammt ist, auch noch den Rest zu ertragen. Eine Perspektive, die nur gut finden kann, wer meint, auf Bekenntnisse wie „Dieses Tofu oder wie das heißt, bekommt mir nicht“ oder auf die blauäugige Einschätzung „Du kannst Dein Kind ja so erziehen, wie Du willst“ könnte tatsächlich noch etwas Substantielles folgen. Es mag Ausnahmen geben. So wie damals, als die beiden jungen Schülerinnen mit ihrer Diskussion über die richtige Schreibweise des Wortes Rhythmus ein halbes U-Bahn-Abteil unterhielten, weil allen Zuhörenden klar war, dass da nicht mehr viel zu retten sein wird, wenn auf das so korrekte wie unstrittige R ein Ü folgt.

Von solchen raren Beispielen abgesehen will man doch aber meistens lieber nicht wissen, wie es weitergeht. Es fängt doch schon damit an, dass man oft genug ohnehin nur das erzählt bekommt, wie derjenige in einer gewissen Situation gern gehandelt hätte. Wie es sich tatsächlich zugetragen hat, bleibt Spekulation. Und exakt deshalb reichen Gesprächsfetzen aus. Sie regen die Fantasie an. Und das Resultat des Nachdenkens darüber, wie es nach diesem oder jenem Cliffhanger nun weiterging, ist oftmals näher an der Realität als die Erzählung desjenigen, der es miterlebt hat.

Ich bin ja auch schon mit Fußballfans in der Bahn gefahren beziehungsweise war einer von ihnen und als solcher gewiss selbst Projektionsfläche des einen oder anderen Vorurteils. Ich weiß also, wovon ich spreche, denn so intellektuell unvorbelastet wie beim Fußball sind die Gespräche sonst höchstens noch auf der Arbeit. Dort also, wo man in besonders weihevollen Momenten auch ´mal Einschätzungen wie folgende zum Thema Lotto zu hören bekommt: „Sechs Zahlen aus 49 – das ist ja einfach!“ Und dann wird einem schlagartig klar, dass man die Antwort auf die Frage, wo das alles noch hinführen soll, lieber gar nicht hören möchte.

Verstehen Sie Spaß?

Wenn man jetzt im Frühjahr genau hinschaut, kann man manchmal gut den Unterschied erkennen, welche Mitmenschen in der letzten Zeit bloß eine typische Winterdepression hatten und welche einfach das ganze Jahr über mies gelaunt sind.

Nun möchte ich nicht bestreiten, dass es plausible Gründe gibt, ganzjährig schlechte Stimmung zu verbreiten, umgebe mich selbst allerdings inzwischen lieber mit Menschen, die einen locker aus dem Ärmel geschüttelten Spruch zwischendurch durchaus zu schätzen wissen.

So weit die Theorie. In der Praxis gestaltet sich die Suche nach Menschen, mit denen man humortechnisch auf der gleichen Wellenlänge funkt, leider oftmals schwieriger als gedacht. Offen gestanden gestaltet sich generell die Suche nach Menschen, mit denen man etwas anfangen kann, schwierig für jemanden, der problemlos Ratgeber wie „Die Kunst, keine Freunde zu finden“, „Unbeliebt in vier Wochen“ oder „Erfolglos netzwerken“ schreiben könnte. Doch bevor ich wieder unnötig abschweife – dem Problem jedenfalls, dass Individuen über Unterschiedliches lachen, muss man sich stellen. Das gilt übrigens unabhängig davon, ob man nun ein einsamer Blogger ist, der seit vier Jahren für die gleichen sieben bis acht Freunde veröffentlicht, oder ein renommierter Schauspieler: Fällen zu viele Menschen das Urteil „Da kann ich nicht drüber lachen“, hilft am Ende auch nicht, wenn die Arbeit rein handwerklich betrachtet absolut nicht zu beanstanden ist.

Jede witzige Bemerkung benötigt ihr je eigenes Publikum. Berichtet beispielsweise die Kollegin, dass sie soeben wegen der Handwerker auf der Frauentoilette zu den Herren der Schöpfung ausgewichen ist und sich natürlich just in jenem Moment ein männlicher Kollege irritiert umsieht, ob er die richtige Tür genommen hat, ist „als ob er´s gerochen hätte“ von vielen denkbaren Redewendungen eine der wenigst schmeichelhaften. Derart ungeschickte Wahl der Worte aufzuspüren und darauf aufmerksam zu machen, entspricht in etwa meinem Verständnis von Alltagshumor. Der jedoch bei einem zu großen hierarchischen Gefälle nicht hätte funktionieren können. Auf Augenhöhe hätte man getrost sogar noch einen draufsetzen können, indem man (nicht ganz wahrheitsgetreu) behauptet: „Gerochen haben wir das bis hier unten. Und zwar alle. Wir haben uns aber schnell darauf verständigt, besser nur einen der Unseren dieser Gefahr auszusetzen.“ Witzischkeit kennt keine Grenzen. Oder eben doch. Humor ist eben, darin Oralsex nicht ganz unähnlich, meistens einfach nur Geschmackssache.

Ein weiteres Beispiel soll verdeutlichen, dass man nicht von jedem Publikum die gleiche Reaktion erwarten kann. Wenn ich auf die Äußerung „Ich komme mir gerade ein bisschen blöd vor“ reagiere, indem ich mit „Du kommst Dir nicht blöd vor“ beginne, hole ich damit nämlich nur einen Teil der Umstehenden ab. In jungen Jahren habe ich einmal unbedarft auf einen wertvollen Hinweis eines Kollegen erwidert, dies sei genau das, was ich an dieser Firma so schätze: dass man selbst vom Dümmsten noch etwas lernen kann. Die gleiche Situation wie eben: Ein Teil der Belegschaft fühlt sich bestens unterhalten. Doch anzunehmen, aus so einer Nummer unbeschadet wieder ´rauszukommen, ist ähnlich naiv wie der Glaube daran, dass ein 16-jähriger Terrier bereits nach der ersten Woche intensiven Trainings, um stressfrei einen Maulkorb anzulegen, sagen wird: „Lass´ gut sein mit Deiner Fleischwurst! Mir reicht´s aus, wenn Du mir meinen Maulkorb bereitlegst.“ Ich formuliere es ´mal so: Auch wenn ich bis heute die Gültigkeit dieser Aussage nicht in Zweifel ziehe, würde ich diese heute so nicht mehr tätigen. Wenigstens sollte nach Lektüre des letzten Absatzes klar geworden sein, dass die weiter oben getätigte Aussage bezüglich des Findens von Freunden nicht übertrieben war. Um aber dem Eindruck vorzubeugen, ich hätte die Kunst des grobschlächtigen Scherzes exklusiv – gegen das folgende Beispiel bin ich ein Waisenknabe:

Die Mutter aller schlechten Scherze stammt von einem Mitarbeiter der Agentur für Arbeit, die seinerzeit wahrscheinlich noch Arbeitsamt hieß, und trug sich wie folgt zu: Der Sachbearbeiter kürzte einem armen Hund die Leistungen, da jener seiner Auffassung nach durch Verlust des Führerscheins die nachfolgende Kündigung seines Jobs als Fahrer eines Getränkehandels selbst verschuldet habe. Um dem Mann aber gleichzeitig eine Perspektive zu geben, sendete er ihm noch am selben Tag einen Vermittlungsvorschlag zu, dachte sich dabei wahrscheinlich noch „Hach, was bin ich heute wieder für ein Schelm“, und überlegte, wie der gute Mann wohl reagieren wird, wenn er sich bei der Firma XY bewerben soll – als Fahrer! Im Prinzip genau mein Humor. Der aber natürlich auch etwas polarisiert. Man nimmt bewusst in Kauf, dass eine Gruppe von Leuten das alles ganz und gar nicht witzig findet. Tut man es trotzdem, offenbart man damit eben auch, wo man selbst steht. Diesem Sachverhalt muss man sich stellen. Was für einen Blogger mit sei es noch so geringer Reichweite gilt, betrifft den renommierten Schauspieler natürlich in weitaus größerem Maße.

Es sollte drei Jahrzehnte dauern, bis ich begriff, wie jemand so wird. Dann hörte ich aber vor wenigen Wochen einen geschätzt siebenjährigen Knirps in der Drogerie zu seiner Mutter sagen: „Weißt Du, warum ich nicht gern mit Dir einkaufen gehe? Weil Du mich einfach nicht wertschätzt!“ Und es fiel mir wie Schuppen von den Augen: Wer als Kind schon so redet und mit solchem Vokabular um sich wirft, wird später garantiert auch wenig Spaß im und am Leben haben und seine vorrangige Aufgabe darin sehen, anderen das Leben schwer zu machen. So zumindest meine erste, absolut voreingenommene Einschätzung.

Es war zwar noch Winter, aber irgendwie konnte, wer genau hinschaute, damals schon erkennen, dass es sich um mehr als eine typische Winterdepression handelt.

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