Wenn man mit dem Beutel Müll in der einen Hand und wichtigen Dokumenten zum eigenhändigen Einwurf beim Finanzamt in der anderen das Haus verlässt, kann man schon ´mal ins Grübeln geraten. Ob es beispielsweise nicht effizienter wäre, beides ins selbe Behältnis zu entsorgen. Weil es ja irgendwie dem in etwa gleichen Gebrauchswert entspräche.

Daß ich nicht der erste bin, der über genau diesen Sachverhalt nachgedacht hat, kann als erwiesen gelten, wenn man sich das Design von Briefkästen einmal genauer ansieht: Wer sich jemals gewundert hat, weshalb die Schlitze eines Briefkastens so schmal sind, daß ein Müllbeutel selbst mit größter Anstrengung schwer bis gar nicht hineingezwängt werden kann, ahnt, worauf ich hinaus möchte. Das gleiche Problem kennen wir übrigens von Wahlurnen. Allmählich beginne ich nicht nur meine eigenen Texte zu begreifen, sondern auch, weshalb die Menschheit anfing, Wurst und Käse nicht am Stück zu lassen, sondern in Scheiben zu schneiden.

Nicht unbedingt staatstragende Gedanken, die mir an einem heißen, aber durchschnittlichen Nachmittag durch den Kopf schwirren. Aber für staatstragende Gedanken werde ich ja auch nicht bezahlt. Eigentlich werde ich für Gedanken sowieso von niemandem bezahlt. Eher schon fürs Machen. Apropos machen – richtig: Steuererklärung. Die muss ja gemacht werden, nicht nur gedacht.

Es ist nach diesen ersten Zeilen wohl halbwegs klar geworden, daß ich Steuererklärungen nicht so sehr mag. Wenn sich die Abgabefrist nähert, hüpft mein Herz wie sonst maximal noch wenn die Zeugen Jehovas klingeln, der Zahnarzt eine Wurzelbehandlung oder die Kelly Family ihr Comeback ankündigt.

Immerhin ist in den Wochen vor Abgabefrist, in denen an sich noch ausreichend Zeit für Erledigung dieser lästigen Angelegenheit wäre, meine Wohnung so aufgeräumt wie sonst nur selten. Und wer über den letzten Satz zumindest schmunzeln muss, verrät über sich selbst unfreiwillig, daß er bei solch unangenehmen Aufgaben genauso gern alternative Tätigkeiten verrichtet wie ich.

Wenn man dann an einem durchschnittlichen Nachmittag im Mai in Richtung Finanzamt spaziert, begegnet man fast zwangsläufig Menschen mit ihren Hunden, obwohl es für die Tiere an und für sich zu heiß ist. Und weil man grundsätzlich immer geneigt ist, den anderen ihr dolce vita zu neiden, ohne auch nur einen Hauch einer Ahnung davon zu haben, wie die Zustände und Befindlichkeiten bei ihnen in Wahrheit sind, denke ich mir: Die machen es richtig. Lassen ihre Hunde dem Finanzamt einen fetten Haufen vors Tor setzen und machen in ihrer Steuererklärung ebendieses Tier dann als außergewöhnliche Belastung geltend. So wie ich es einst mit einem früheren Mitbewohner versucht hatte. Allerdings erfolglos.

Zu den größten Hunderassen gehören Bernhardiner, Irischer Wolfshund oder Mastino Napoletano. Die können 90 Kilogramm schwer sein. Also in etwa so schwer wie ich.

Okay – so schwer wie ich in etwa sein wollte bis zum Sommer. Also genau jetzt, denn wenn ein durchschnittlicher Nachmittag so heiß ist wie momentan, ist Sommer. Ein Hund dieser Größe also frisst pro Tag auch einiges weg. Die Fütterungsempfehlungen von Okas Futter hören bei 60 kg Hund auf. Früher oder später kommt das naturgemäß auch alles wieder heraus aus dem Wauzi. Von der Einwaage des Ausstoßes hängt dann ab, ob zum Auflesen ein kleiner Beutel wie aus den Hundekotbeutelstationen ausreicht oder ob es doch eher die große Ikea-Tasche sein sollte. Den gefüllten Beutel wiederum möchte man ja auch nicht ewig mit sich herumtragen. Und wenn einen dann die Kraft verlässt, was an einem so heißen Nachmittag vorkommen kann, ist mit den Unterlagen ehe man sich versieht auch der gefüllte Kotbeutel in den Briefkasten geglitten.

Bevor sich wieder irgendjemand empört: Ich möchte hiermit weder sagen, daß ich diesen Tagtraum auch umgesetzt habe noch möchte ich jemanden inspirieren, das auszutesten. Da bin ich mir meiner Vorbildrolle sehr bewusst. Ich will damit wie immer ganz dem Geist der Wissenschaft verpflichtet lediglich festgestellt haben, daß es möglich ist. Trotz allem darf sich jeder nach der Lektüre eingeladen fühlen, kurz die Augen zu schließen und die durch mein Geschriebenes ausgelösten Gedanken im Kopf ein wenig wirken zu lassen.

Oder sich von mir aus auch sonst irgendwelche warmen Gedanken zu machen, die er oder sie an einem ohnehin heißen Nachmittag für angemessen hält.