„Wenn wir abnehmen, wird das Leben nicht automatisch leichter.“ So wie es für jeden Mist den passenden Käfer gibt, findet man auch für jede Lebenslage ein passendes Zitat. Man muss nur wollen. Das Thema Abnehmen holt mich ja aus eigener Betroffenheit regelmäßig ein. Und das sogar ohne äußere Anlässe wie Neujahr, Fastenzeit oder Überschriften mit dem Reizwort „Bikinifigur“ anlässlich der ersten warmen Tage des Jahres. Da man ja nur wollen muss, ist das Thema momentan recht fix geklärt: Ich will nämlich nicht. Meine derzeitige Strategie lautet Schadensbegrenzung. Das mag vordergründig als kein sonderlich kreativer Ansatz erscheinen. Aber die Arbeitshypothese lautet, dass man nach sagen wir einem halben Jahr nicht wesentlich schlechter dasteht als die Angehörigen der Vergleichsgruppe, welche sich zunächst einige Kilos heruntergehungert, die gleichen verflixten Kilos allerdings gleich anschließend auch wieder heraufgeschafft haben. Das ist ja jetzt auch kein Konzept, das einen durch den Winter bringt. Dann lieber unspektakulär, dafür aber auch mit weniger Frustration.

Dabei ist es nicht so, dass es keine spannenden Methoden zur Gewichtsreduzierung gäbe. Ganz im Gegenteil gibt es Abnehmtipps für beinahe jeden Geschmack. Und ich gebe zu, als ich von der Schokoladendiät las, hätten sie mich damit auch fast abgeholt. Doch bloß weil sich für jeden Mist nicht nur passende Käfer, sondern auch noch ein oder zwei Prominente finden, die die betreffende Methode mehr oder weniger glaubwürdig promoten, muss man diesen Mist ja nicht mitmachen. Wenn das alles tatsächlich so effektiv wäre, müsste ja nicht umgehend die nächste Sau durchs Dorf getrieben werden. Wenn diese Abspeckmethoden immer für alle nachhaltig funktionieren würden, wären ja mittlerweile alle so schlank, dass ständige neue Hypes um immer neue Diäten gar nicht möglich wären. Die paar Dicken, die da nachkommen, würde man mit den bewährten Mitteln schon wieder hinbekommen.

Ich bin natürlich alles andere als Experte auf diesem Gebiet. Andererseits schwirren aber auch Ideen durch die Gegend, bei denen schon der gesunde Menschenverstand normalerweise beleidigt sein müsste, dass man ihm so etwas als ernstzunehmenden Vorschlag verkaufen möchte. Lichtnahrung wäre so eine Idee. Die Situation hat wohl jeder schon einmal erlebt: Man setzt sich in die Sonne, und ohne weiteres Zutun beginnt man plötzlich mit der Photosynthese. Trotz dieser augenscheinlichen Plausibilität bewahre ich mir ein Stück gesunde Skepsis gegenüber dieser Methode. Wenn man bei der Anwendung draufgehen kann, ist die Marktreife eventuell einfach noch nicht gegeben.

Nicht ganz so abenteuerlich, doch ebenso an der Grenze zur Unzurechnungsfähigkeit: Die Bandwurm-Diät. Wie viele andere Diäten muss man erfolglos hinter sich gebracht haben, dass man sich vorsätzlich einen Parasiten in den Körper setzt, der einem dann im besten Fall nur das Essen wegfrisst, im schlimmsten Fall aber ins Gehirn wandert?! So schlecht können sämtliche konventionellen Vorschläge zur Gewichtsreduktion gar nicht klingen, dass jemand diese Option für attraktiver hält. Nicht zuletzt wäre ja auch die Möglichkeit gegeben, alles einfach ´mal so zu belassen, wie es ist. Denn – machen wir uns nichts vor: Viele Abnehmwillige haben eine astreine Figur, wissen bloß nichts davon. Besser: Könnten es wissen, wollen es aber nicht. Wenn es sich lediglich um die fünf Kilos dreht, die die Bundweite 32 verhindern und stattdessen 34 einfordern, ist der Antrieb Eitelkeit, nicht Gesundheit. Da könnte man auch fünfe gerade sein lassen und sagen: Lass´ gut sein, Du bist okay so, wie Du bist. Allerdings könntest Du in einer ruhigen Minute ´mal darüber sinnieren, ob Du eventuell die falschen Vorbilder hast.

Natürlich wird diese Sichtweise den tatsächlich Dicken nicht gerecht. Da muss man Hilfe anbieten. Aber eben auch klar kommunizieren, was gerade nicht helfen wird. Zum Beispiel habe ich bei jedem Konzept, das mit dem Etikett „Abnehmen ohne Verzicht“ angepriesen wird, große Skepsis. Ganz so einfach scheint es nicht zu sein. Wenn man nämlich Gewicht abwerfen könnte, indem man exakt dasselbe zu sich nimmt wie vorher, müsste der Erfolg sich ja streng genommen bereits eingestellt haben. Bevor man also überhaupt wahrnehmen kann, dass man zu fett ist, hat man auch schon wieder abgenommen. Von hier aus landet man recht schnell bei Konzepten, bei denen das Wunschgewicht einfach ´mal herbeigebetet wird. Auch Abnehmpflaster gehören in die Kategorie, in der mit den Hoffnungen von Menschen Kasse gemacht wird. Wenn im Versuch dann sogar die Angehörigen der Gruppe, die stattdessen ein Placebo-Pflaster bekam, mehr abgenommen haben als die mit dem „Wirk“stoff, brauche ich keine weiteren Details mehr. Da kann ich auch gleich mein Zimmer in einer neuen Farbe streichen und hoffen, dass es mir beim Abnehmen hilft.

Baker-Miller-Pink heißt übrigens die Farbe, die diesen Effekt verspricht. Dieses Pink beruhige und zügele den Appetit, wollen mehrere Studien herausgefunden haben. Hat man sich erst einmal damit abgefunden, dass eines der am sinnlosesten klingenden Verfahren damit ein solideres wissenschaftliches Fundament als etliche andere hat, ist der Spaß auch schon wieder vorbei: Weil nämlich manche Wissenschaftler ihren Auftrag ernst nehmen, hat man – leider – auch schon feststellen müssen: Die Wirkung hält nur kurz an. Hat man sich daran erst einmal gewöhnt, geht der beschriebene Effekt verloren. Auch irgendwie beruhigend. Und im Gegensatz zu anderen Methoden richtet das Wohnen in einem Baker-Miller-pinken Raum zumindest keinen Schaden an. Hoffe ich zumindest. Probiert habe ich es noch nicht.

Was ich probiert habe: Gewicht zu verlieren. Durchaus erfolgreich sogar. So erfolgreich, dass es schon mehrfach funktionieren musste. Von „leicht“ war dabei nie die Rede gewesen. Oder wie es der Volksmund ausdrückt: Wenn´s einfach wär´, würde es jeder machen.