Sind wir ´mal ehrlich: Eigentlich ist Urlaub Zeitverschwendung. Man schläft länger, hat aber aufgrund eines deutlich verlangsamten Tagesablaufs mitnichten das Gefühl, dadurch fitter durch den Tag zu kommen. Man kümmert sich um Angelegenheiten, die man im normalen Alltag zurecht vernachlässigt, so etwa das Beantragen eines neuen Personalausweises oder die Korrespondenz mit dem Beitragsservice von ARD und ZDF. Nimmt man nach dem Mittagessen ein Buch zur Hand, werden nach 15 Minuten die Augenlider schwer.
Ein Tierarztbesuch ist auch so ein Sommerhöhepunkt, auf den ich gern zugunsten eines Ausflugs oder der nächsten Lektion im Poi-Spielen verzichtet hätte. Aber immerhin befindet sich der Terrier in einem guten Gesamtzustand. „Es spricht momentan nichts gegen die Annahme, dass er zu seinem 14. Geburtstag im nächsten Februar immer noch fit und munter sein wird“, erklärt mir seine Ärztin. „Super“, freue ich mich über jede Sekunde, die mein Hund Oka an meiner Seite ist, obwohl er ja auch schon etliche Kilometer auf dem Tacho hat. Ich denke aber trotzdem auch, dass diese Aussage angesichts der Kosten, die das Tier inzwischen durch regelmäßige Besuche bei ihr verursacht, wenigstens zu einem kleinen Teil eher Drohung als Versprechen ist. Man kann ja den seinerzeitigen Move meiner Mutter, in der Tierklinik nach erfolgter Nachsorgeuntersuchung einfach ohne zu bezahlen das Gebäude zu verlassen auch nicht beliebig oft wiederholen.
Der Gipfel der Zeitverschwendung ist allerdings das vermehrte Herumtreiben auf Online-Partnerbörsen, obwohl man es ja eigentlich besser weiß. Ich habe es im Rahmen meiner freien Tage trotzdem wieder gemacht. Und diesmal hat es sich sogar gelohnt!
Nicht in dem Sinne, dass sich in der Tat endlich einmal etwas Ernsthaftes anbahnen würde. Aber wenn es eine Frau schafft, mich zu einem Text zu inspirieren, frage ich nicht mehr, ob das von ihr beabsichtigt war oder nicht, sondern tue das, was ein Mann in meiner Situation tun muss. Ich will nicht direkt behaupten, dass ein Blogthema mehr wert ist als ein eventueller freundschaftlicher Kontakt mit Aussicht auf mehr. Aber wenn man miterlebt, wie diese Internetpräsenz ihren originären Zweck, Menschen zusammenzubringen, bei mir in all der Zeit nicht erfüllt hat, möchte ich auch niemanden verurteilen, wenn er so denkt.
Zum Punkt: Grundlage jeder Aktivität auf solchen Plattformen ist ein aussagekräftiges Profil. Oft wird dabei versucht, mittels alternativer Fakten bezüglich Profilbild, sportlicher Aktivitäten, Alter oder Kinderanzahl dem Glück etwas auf die Sprünge zu helfen. Das kann man aber auch weniger ansprechend machen. Dafür ehrlich. In vorliegendem Fall war mein spontaner erster Gedanke, dass man wirklich niemals denken sollte, man habe schon alles gesehen. Die Urheberin hatte offenbar alle ihre Antworten auf verschiedene Fragen gleichzeitig ausgekotzt und danach mit unterschiedlichem Erfolg versucht, Ordnung in diese Buchstabensuppe zu bringen.
Sicher gibt es Fragen, bei denen es ausreicht, wenn sie kurz, dafür präzise mit Ja oder Nein beantwortet werden. Die Frage „Was ist das „gewisse Etwas“, das er/sie haben muss“ gehört nach meiner Auffassung nicht dazu. Mit „Nein“ ist diese Frage in meinen Augen also selbst dann nicht hinreichend beantwortet, wenn ich berücksichtige, dass es im Kontext solcher Fragen eigentlich kein Richtig oder Falsch geben sollte. Ebenfalls originell ihre Antwort auf die Frage „Wie kleiden Sie sich?“: „Einen sexy“ Man merkt, wie sich jemand Gedanken darüber gemacht hat, keine 08/15-Antworten wie alle anderen zu geben, sondern etwas wirklich Originelles. Darauf muss man auch erst einmal kommen. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass hier irgendeine Information versucht wird zu unterschlagen.
Alle Karten auf den Tisch legt sie dagegen hier: „Wie gehen Sie mit einer Trennung um?“ – „Wenn es nicht passt ok“ Kurz und bündig, wie es eben ihre Art ist. Dazu ein sachlich-pragmatischer Umgang mit Problemen, bei denen bei anderen Menschen die Bereitschaft zu töten definitiv steigt.
Biete Schreibblockade gegen Schokolade
„Was hätten Sie in Ihrem Leben gerne anders/auf keinen Fall anders gemacht?“
Obwohl ich mich auch häufig umständlich und missverständlich ausdrücke, bilde ich mir ein, dass ich bemerkt hätte, dass die Angabe „Meine 4 jungs“ bei dieser Fragestellung in unterschiedliche Richtungen interpretierbar ist. Ich spüre, wie sich angesichts dieses Ersteindrucks inzwischen einige Schubladen zum Einsortieren geöffnet haben. Weshalb ich als Reaktion auf „Haben Sie bereits jemanden über das Internet persönlich kennengelernt“ schon selbst ergänze: Wird bei solchen Auskünften auch verdammt schwierig werden.
Mein zweiter Gedanke: Um wieviel genau bin ich mit meinen ach so schlauen, wohlüberlegten und wortgewandten Antworten weiter als sie? Ihre tatsächliche Erwiderung ist übrigens mit sechs Wörtern die von ihr am ausführlichsten beantwortete Frage überhaupt: „Nein noch nicht den richtigen gefunden“. Dritter Gedanke: Das wird schon werden. Es gibt in der Männerwelt ausreichend Exemplare, die in ihren Beziehungen keinen gesteigerten Wert darauf legen, auf halbwegs normale Fragen gescheite Antworten von ihrer Partnerin zu erhalten. Da kann man wirklich nicht behaupten, dass es an solchen Frauen keinen Bedarf gäbe. Nach allem, was ich gelesen habe, vermute ich, dass die eher als dürftig zu bezeichnende Art der Kommunikation zu der Entstehung der vier Kinder nicht nur unwesentlich beigetragen hat. Da die weiter oben geöffneten Schubladen nach wie vor weit offen stehen – der Nick „Mami“ tut wahrscheinlich sein übriges dazu, dass diese Frau Männer anzieht, die ihre Rolle als erwachsenes fünftes Kind mit Sicherheit bestens ausfüllen.
Deswegen habe ich ihr eine Nachricht geschrieben.
Habe ich natürlich nicht. Aber ich wollte.
Ich habe mich aber von ihrem schlichten „Ja“ als Antwort auf die entscheidende Frage „Wie möchten Sie in keinem Fall angesprochen/angemailt werden“ abschrecken lassen. Angesichts solcher Sprachfertigkeit, der Fähigkeit, in dieser ungekannten Leichtigkeit mit den Worten zu jonglieren, kam mir mit einem Mal alles, was ich ihr hätte schreiben wollen, so furchtbar trivial vor. Plötzlich war die Schreibblockade da. Dafür hatte ich ein Thema für meinen wöchentlichen Blogeintrag.
Im Grunde also kein schlechter Tausch.
Dass ich sie nicht angeschrieben habe, sondern stattdessen während meines obligatorischen Spaziergangs durch den in Wurfweite meiner Wohnung gelegenen Wetterpark sogar unvermittelt begann, die verschiedenen Typen von Wolken zu studieren – ich werte es ´mal als gutes Zeichen, dass ich noch ganz gut einordnen kann, was echte Zeitverschwendung wäre und was gerade noch so im Rahmen ist.
Sind wir ´mal ehrlich: Allein schon dass ich auf solche Weise zu der Erkenntnis gelangt bin, noch am Leben zu sein, hat den Urlaub gerechtfertigt.
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