Viele Freunde und Kollegen, hin und wieder aber auch manche Leser fragen sich (und mich) häufig, wie ich das alles erreicht habe: Unterbezahlter Job, Übergewicht, erfolgreiche Scheidung. Mein Hund ist nicht zu erziehen, mein Lieblingsfußballverein chronisch erfolglos. Ich kaufe mir technisches Gerät, das nicht funktioniert, und Klamotten, die mir nicht passen. Dazu habe ich noch in der unübersichtlichsten Gemengelage vor der Supermarktkasse den zielsicheren Instinkt, an welcher Schlange das Anstehen am längsten dauern wird. Es scheint, als ob alles, was ich anfasse, zum Misserfolg wird.
Eine erfreuliche Erkenntnis lautet: Misserfolg ist nicht gottgegeben, sondern erlernbar. Natürlich hat es auch ein bisschen mit Talent zu tun, aber ohne permanentes Training, ohne jahrelange Übung würden die Dinge nicht so schlecht laufen wie sie es tun. Selbst mir passiert es heute noch manchmal, dass etwas auf Anhieb gelingt. Solche Rückschläge gehören zum Leben einfach dazu, davon darf man sich gar nicht beeindrucken lassen. Diese Sachen muss man dann einfach so lange üben, bis sie nicht mehr funktionieren.
Es schließt sich die Frage an, wieso ich noch in meinem alten Job arbeite, obwohl ich doch als Misserfolgscoach anderen Menschen sehr viel nützliches Wissen vermitteln könnte. Die Antwort ist so einfach wie einleuchtend: Einen Beruf auszuüben, der wie für einen gemacht ist, widerspricht natürlich so ziemlich jedem Grundgedanken eines stringenten Misserfolgs-Konzeptes. Trotzdem möchte ich anderen Menschen helfen, endlich zuverlässig in die Misserfolgsspur zu kommen. Daher gibt es heute einige kostenlose Tipps für garantiertes Scheitern. Für alle, die das schnelle Desaster suchen – here we go:
Backt panierten Blumenkohl!
Das Rezept hierfür ist nicht so komplex, dass man spontan denken würde: „Ja, das kann ich bestimmt auch nicht, das sollte ich am Abend ´mal probieren“. Dafür ist die Angelegenheit zu simpel: Man braucht Blumenkohl und eine wie auch immer zusammengestellte Panade. Das einzige, was es wirklich zu beachten gilt: die Dinger nicht in Öl auf allen Seiten goldgelb zu braten, sondern dem Rat des wahrscheinlich einzigen Rezeptes weltweit zu folgen, in dem der Blumenkohl dann im Ofen gebacken wird. Weil panierte Lebensmittel am besten immer fettarm im Backofen gegart werden, bevor sie durch die herkömmliche Zubereitung am Ende zu viel Fett abbekommen. Wenn Ihr also einmal richtig Lust auf ein schnelles kulinarisches Debakel habt – ab in den Ofen. Im nächsten Abschnitt wird Euch sogleich verraten, in welchem Ort die Entsorgung der unfreiwillig unschmackhaften Leckereien den mutmaßlich geringsten Schaden anrichtet:
Fahrt nach Eschborn!
Bei der Auswahl des Ziels für einen sonntäglichen Ausflug kann man viel verkehrt machen. Am Ende kommt man nach ein paar Stunden nach Hause und hat sich unterwegs tatsächlich amüsiert oder hatte wenigstens einen relaxten Tag in angenehmer Atmosphäre. Wer möchte, dass die Freundin am Nachmittag richtig angepisst ist, für den ist die Skulpturenachse in Eschborn beinahe Pflicht.
Nicht dass Eschborn arm an Sehenswürdigkeiten wäre: Der Eschborner Stuhl, also ein 25 Meter hoher roter Stuhl als Wahrzeichen eines Möbelhauses, sowie ein idyllisch an der Autobahn 5 gelegener Aussichtsturm haben sich im Main-Taunus-Kreis Weltruhm erarbeitet und lassen erahnen, dass das bewährte Motto „Schlimmer geht immer“ in der Stadt im Frankfurter Speckgürtel authentischer gelebt wird als in jeder anderen deutschen Stadt.
Was den Besuch so einzigartig schlecht macht, liegt jedoch nicht etwa in mangelnder Qualität der präsentierten Werke begründet, sondern darin, dass der von der Gemeinde herausgegebene Flyer zur Dauerausstellung einen Stadtplan abbildet, der suggeriert, alles läge recht nah beieinander. Doch spätestens wenn man vom Stadtzentrum aufbricht und bis ins außerhalb gelegene Gewerbegebiet schon die ersten drei Kilometer verballert hat, bevor man das erste Kunstwerk überhaupt gesehen hat, ahnt man: Das könnte noch ein langer Tag werden.
Das Leitbild der Skulpturenachse: Kunst aus dem Museum zu holen und zu den Menschen zu bringen. Insofern ist es konsequent, das die Dinger teilweise in die Prärie eines Gewerbegebietes platziert wurden. Dass die Kunst bei den Menschen in Eschborn nicht angekommen ist, ergab auch eine nicht repräsentative Befragung im Rahmen unserer Suche nach den Skulpturen. Der Anspruch ist demnach ungefähr so gut umgesetzt wie meine ersten Gehversuche in Sachen panierter Blumenkohl. Schön, dass auch woanders nicht immer alles so klappt wie geplant.
Jetzt könnte man sagen: Schön und gut. Das hat Potential, anständig Lebenszeit von der Uhr zu nehmen. Aber wenn man sich nicht komplett bekloppt anstellt, hat man ja tatsächlich auch etwas gesehen, einen gewissen Gegenwert erhalten, wenn man in freudiger Erwartung dem Ortsausgangsschild entgegensteuert. Wenn man dagegen Zeit richtig sinnlos verschwenden will, darf am Ende außer Ärger nichts übrig bleiben. Ungefähr so wie beim Zusammenkippen von Cola und Bier, wenn aus zwei Getränken mit für sich genommen passablem Geschmack eine Brühe entsteht, die beide Getränke beleidigt statt veredelt. Daher gehen die nächsten beiden Tipps eher in Richtung dieser fundamentalistischen Schule des Scheiterns:
Bastelt eine Schale aus Laub!
Wie und warum ich letzten Herbst auf die Idee kam, meine Lebensqualität würde sich durch eine selbst gebastelte Schale aus Laub ganz erheblich steigern, kann ich heute selbst nicht mehr genau rekonstruieren. Wahrscheinlich kommt man auf solche Ideen, wenn man sowieso schon alles hat und auch nicht ständig nach Eschborn fahren möchte. Andere kommen in diesem Stadium ihres Lebens auf die Idee, einen vierstelligen Betrag für einen Grill auszugeben. Eine Schale aus Blättern ist dagegen schon wesentlich günstiger nicht zu bekommen: Außer den Blättern selbst wird lediglich noch ein Klebstoff aus den Zutaten Maisstärke, Zucker und Wasser benötigt.
Die ersten zehn Blätter werden einigermaßen enthusiastisch mit dem Kleber bepinselt, obwohl sich im Prinzip das spätere Endergebnis schon jetzt abzeichnet: Der selbst gezimmerte Leim hält nämlich nicht ansatzweise, was er verspricht. Doch es dauert nicht lange, bis aus der Ahnung Gewissheit wird und die Stimmung kippt. Wie der Volksmund immer treffend zu sagen pflegt: Zwischen „Das sieht so einfach aus, was soll da schon schiefgehen“ und „War ja klar, dass das nicht klappt“ liegt oft nur eine Handvoll Ahornblätter.
Dass es die angeblich simplen Dinge sind, die die größten Probleme bereiten, bestätigt sich eigentlich permanent und auch und gerade bei meiner letzten Inspiration für gepflegtes Scheitern:
Macht Snacks aus Kichererbsen!
Wenn wir die Vorbereitungszeit mit vorherigem Einweichen über Nacht und eineinhalbstündigem Kochen und anschließendem Trocknen außer Acht lassen, klingt das mit den Kichererbsen in der Tat nach einem Rezept mit relativ geringem Schwierigkeitsgrad: Die Erbsen eine Zeitlang in den Backofen, danach mit ein paar Esslöffeln Olivenöl beträufeln und zum Schluss mit einer vorbereiteten Gewürzmischung vermengen – fertig!
Kichererbsen gelten als Sattmacher. Das können wir so nicht bestätigen. Wir konnten gar nicht satt werden, weil wir die komplette Fuhre auf relativ direktem Weg in die Biotonne befördert haben, so schlecht hat das geschmeckt. Gesund sollen die Dinger auch sein. Aber heiligt der Zweck hier auch die Mittel?! Vor allem: Wie gesund kann etwas sein, das im Wesentlichen nach Staub schmeckt? Wenn ich durch Ersticken sterben wollen würde, wäre irgendetwas aus Kichererbsen das Mittel der Wahl.
Dass Gerichte mit dem Hauptbestandteil Kichererbsen körperliche Zustände herbeiführen, in denen man dankbar ist, irgendetwas Flüssiges in greifbarer Nähe zu haben, sollte jedem bekannt sein, der einmal Hummus oder Falafeln probiert hat. Wenn man dann aber diese Snacks hat und sich fragt, ob da außer den Hülsenfrüchten tatsächlich nur Gewürze dabei sind oder ob man versehentlich den Staubsaugerbeutel über ihnen entleert hat, wird einem zumindest eines klar: Warum die Menschen sich lieber von Chips und Schokolade ernähren und Nachteile gesundheitlicher wie figürlicher Art dafür in Kauf nehmen. Es gibt ja Gerichte, über die kann man sagen: „Holt mich nicht ab.“ Aber was diese Grenzerfahrung in mir ausgelöst hat, ist selbst für einen im Umgang mit Worten beileibe nicht ungeübten Blogger schwer zu beschreiben.
Es würde der Logik des Themas widersprechen, wenn hier ein überlegtes Ende stehen würde. Da ich meinen Bildungsauftrag aber nicht komplett aus den Augen verlieren möchte, noch ein letzter Tipp, der dafür wirklich gut ist: Wenn man in jeder Situation überlegt, wie ein Micky sich jetzt verhalten würde, ist die schlechtestmögliche aller Handlungsoptionen zumindest schonmal abgesteckt. Man kann sich dann ja immer noch entscheiden, ob alles in einem Fiasko enden soll und man ihr deshalb folgt oder ob man lieber exakt das Gegenteil tut und somit zufrieden und erfolgreich durchs Leben geht.
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