Früher oder später muss man sich der Wahrheit stellen: Eine negative Begleiterscheinung des Älterwerdens ist, dass man irgendwann ohne es überhaupt bemerkt zu haben diesen einen Punkt überschritten hat, ab dem es nicht mehr die Ausnahme, sondern Regel ist, dass es am Körper hier zwickt und dort drückt.

Klar – im Vergleich zu manch erheblich jüngerem Kollegen scheine ich vor Gesundheit nur so zu strotzen. Dennoch hat man ab einem gewissen Alter seinem Körper gegenüber eine besondere Verantwortung. Und diese beinhaltet: Setze Deine Gesundheit nicht aufs Spiel, indem Du anfängst, Sport zu treiben.

Zwar wird von interessierter Seite allenthalben auf die positiven Aspekte regelmäßiger Körperertüchtigung hingewiesen. Wer allerdings beispielsweise beim Boxkampf gerade nach allen Regeln der Kunst vermöbelt wurde, lässt sich von dem Hinweis, dass man damit einen angemessenen Beitrag zur Vorbeugung gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen geleistet hat, für weitere Trainingseinheiten unter Umständen nicht mehr so einfach motivieren.

Die Wissenschaft hat festgestellt: Jeder fünfte Unfall in Deutschland ist auf Sport zurückzuführen. Das Risiko ist freilich höchst unterschiedlich auf die verschiedenen Sportarten verteilt. Logisch – dass Bergsteigen oder Springreiten riskanter ist als Schwimmen oder Schach, scheint banal. Die Top 3 der gefährlichsten Sportarten lauten aber Radfahren, Skifahren und – wie sollte es auch anders sein – Fußball. Keine nennenswerte Überraschung: Beim Fußball betreffen Verletzungen meistens die Beine. Doch schon seit im Jahr 1969 Friedel Rausch im Schalker Dress während des Spiels von Schäferhunden des Dortmunder Ordnungsdienstes gebissen wurde, weiß man, dass das Risiko beim Fußball auch Körperzonen betrifft, die nur noch gerade so unterhalb der Gürtellinie liegen.

Dass beim Turmspringen der Kopf besonders gefährdet ist, klingt bereits deutlich weniger offensichtlich. Dennoch ist älteren Semestern eventuell noch Olympia 1988 in Erinnerung, als Greg Louganis vom Drei-Meter-Brett nicht optimal abgesprungen ist und beim Strecken vor dem Eintauchen mit dem Hinterkopf das Brett touchierte. Nun fährt man als Sportler mit Gold-Ambitionen selbstredend nicht nach Seoul, um sich von einem kleinen Kratzer aus dem Konzept bringen zu lassen. Eine gute halbe Stunde nach diesem Missgeschick, die Platzwunde wurde mit fünf Stichen genäht, stand er wieder oben und absolvierte den nächsten Qualifikationssprung. Dass er in der Endrunde am nächsten Tag den ersten Platz belegte, als wäre nie etwas gewesen, ist der zweite Teil dieser Geschichte.

Die meisten Sportverletzungen freilich müssen ohne ein solches spektakuläres Happy End auskommen. Als beispielsweise der Fußballtorwart Volkan Demirel nach dem Spiel sein Trikot in die Zuschauerränge warf, hatte er damit zwar einen Fan glücklich gemacht, sich selbst allerdings eine dreiwöchige Pause eingehandelt, weil er sich dabei die Schulter auskugelte. Schlimmer geht immer: Elkin Soto, seinerzeit in Diensten des FSV Mainz 05, erlitt einen Hexenschuss – wohlgemerkt nach dem Training, nämlich beim Binden seiner Schuhe. Das gleiche Accessoire wurde auch dem Baseballprofi Will Smith zum Verhängnis: Beim Versuch, einen Schuh auszuziehen, erlitt er einen Außenbandriss im Knie.

Wie sich hier schon andeutet, liegt die Wahrheit im Falle von Verletzungen nicht ausschließlich auf dem Platz, sondern oft exakt dort, wo der Legende nach die meisten Unfälle passieren: Im Haushalt.

Der Baseballspieler John Smoltz wollte ein Shirt bügeln. Wie es ihm gelang, mit diesem alltäglichen Vorgang Schlagzeilen zu generieren: Er trug es noch am Körper. Ich frage mich, wie er sich verhalten hätte, wenn er das Shirt vorher noch hätte waschen wollen.

Ich mag nicht ungerecht erscheinen. Schließlich habe ich selbst auch schon die eine oder andere Entscheidung getroffen, die sich nachträglich als nicht der Weisheit letzter Schluss entpuppte. Trotzdem bilde ich mir ein, dass dieser Vorfall nicht in die Kategorie „Hätte jedem von uns passieren können“ fällt.

Zurück zum Fußball: Die ganz hohe Kunst des Missgeschicks demonstrierte Robbie Keane. Wo andere Sportler Fremdeinwirkung, eine Mülltonne oder wenigstens eine heruntergefallene Seifenschale benötigen, um sich selbst größtmöglichen Schaden zuzufügen, reicht Keane eine Fernbedienung. Ausgepowert vom Training und nicht willens oder in der Lage, sich noch einen Millimeter zu bewegen, versuchte er, mit seinem Fuß an die Fernbedienung zu gelangen. Er musste einsehen, dass ein guter Fußballer nicht zwangsläufig ein Akrobat ist, als das Resultat seiner Bemühungen feststand: Doppelter Bänderriss.

Regeneration ist wichtig, birgt aber auch Gefahren. So kommentierte Uwe Klimaschefski als Trainer des FC Saarbrücken einst den Ausfall eines seiner Schützlinge trocken: „Er hat sich im Bett verletzt. Wie er das gemacht hat, weiß ich allerdings nicht.“

Dass der nächste Gegner immer der schwerste ist, gilt als Binsenweisheit. Was aber, wenn dieser Gegner nicht Borussia, Fortuna oder Lokomotive heißt, sondern, Auto, Badezimmer oder Haustier?! Man ahnt angesichts mancher Beispiele vielleicht auch, dass bei den Angaben zu den Ursachen Dichtung und Wahrheit nicht immer zweifelsfrei auseinanderzuhalten sind. In manchem Fall könnte der tatsächliche Ablauf nicht nur glaubwürdiger, sondern auch weniger peinlich sein als der geschilderte. Andy Carroll zum Beispiel gab sich gar nicht erst die Mühe, das Warum seiner Oberschenkelverletzung in irgendeiner Weise zu beschönigen, als er vom Barhocker gefallen war.

Schlussendlich gibt es noch die Fälle, bei denen der Beobachter denkt: Falls das eine Ausrede ist, will ich den wirklichen Grund besser gar nicht erst wissen. In diese Kategorie fallen in die Nase gerammte Autoantennen oder durch Niesen hervorgerufene Bauchmuskelzerrungen. Oder dieser besonders schöne Fall: Darius Vassell hatte eine Blutblase, die aufzustechen sich als schwierig gestaltete, weil sich noch ein Zehennagel darüber befand. Der englische Stürmer dachte sich: Für genau solche Fälle habe ich mir doch irgendwann einmal eine Bohrmaschine zugelegt…

Okay, hier in Offenbach wird man wahrscheinlich eine überdurchschnittlich hohe Zahl an Menschen finden können, die fragt „Und – was ist daran jetzt so außergewöhnlich?“ Trotzdem: Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man glatt annehmen, Sport macht vor allem dumm. Dass bei dieser Aktion natürlich auch der Zeh selbst in Mitleidenschaft gezogen wurde, kann angesichts der Absurdität des gesamten Vorhabens ohne Verdacht auf Zynismus als Kollateralschaden abgehakt werden. Zur Entkräftung von Vorurteilen über mangelnde Intelligenz von Fußballern war diese Nachricht jedenfalls ein eher kontraproduktiver Beitrag.

Aber solange das Herz-Kreislauf-System bestens in Form ist, kann ja nichts passieren.